Keine der drei ESG-Säulen ist wichtiger als die andere

 
von Frédéric Munch - Vorstand
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Ich bin sicher, irgendwo auf Ihrer strategischen Agenda steht das Thema Nachhaltigkeit. Und lassen Sie mich raten: Der Fokus der Maßnahmen liegt aktuell auf der ökologischen Nachhaltigkeit. Damit befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Rund die Hälfte der Unternehmen und Behörden steigert die Nutzung erneuerbarer Energien, reduziert Schadstoffemissionen und arbeitet an einem effizienteren Verbrauch von Materialien und Energie, zeigt unsere Studie Managementkompass Survey. Und das obwohl der Mehrheit der Befragten alle drei ESG-Aspekte gleichermaßen wichtig sind.

Es ist absolut nachvollziehbar, dass sich Aktivitäten vielerorts auf den eigenen CO2-Fußabdruck konzentrieren. Für das Erreichen der Klimaziele gibt es klare Vorgaben, einen Zeitplan sowie Daten und Messinstrumente. Plus: Die Kausalität zwischen dem CO2-Ausstoß und klassischen Finanzkennzahlen wie Gewinn und Verlust leuchtet klassisch betriebswirtschaftlich denkenden Entscheiderinnen und Entscheidern eher ein als zum Beispiel die diverse Zusammensetzung von Teams. 

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Digitale Ethik und unternehmerische Nachhaltigkeit machen sich bezahlt

Genau diese Verknüpfung gilt es jedoch auch für die anderen ESG-Säulen zu erreichen. In den Führungsetagen sollte sich noch stärker das Bewusstsein verankern, dass sich auch Faktoren wie digitale Ethik in den Büchern auszahlen. Die Auswirkung zeigt sich vielleicht nicht immer direkt, wohl aber über Bande oder als langfristiger Vorteil. Und die Mühe lohnt, sich die Zusammenhänge klarzumachen und in ganzheitliche Strategien zu investieren.

Dazu gehören ebenfalls Investitionen in nachhaltige Beziehungen zu Lieferanten und Partnern. Sie rentieren sich in Form von Verlässlichkeit und Ausfallsicherheit. Solange alles im Überfluss vorhanden ist, zählen Größe und Volumen bei den Verhandlungen um bevorzugte Konditionen mit Lieferanten. Bei Engpässen, die wir derzeit überall beobachten, gelten andere Gesetze. Nun kommen vorrangig diejenigen Kunden an Ersatzteile, Rohstoffe oder andere Güter, die sich um soziale Standards bei ihren Partnern gekümmert und ihr Know-how geteilt haben. Zudem sind Unternehmen, die heute bereits Strom und Wärme komplett oder in erster Linie aus erneuerbaren Energien beziehen, auf der Kostenseite oder im Preiswettbewerb im Vorteil. 

Wir müssen stärker in Szenarien denken

Eine ganzheitlich nachhaltige Strategie verlangt ein stärkeres Denken in Szenarien als bislang, nach dem Motto „Was wäre, wenn …?“, und ein deutlich weitsichtigeres Risikomanagement. Mit einer solchen Strategie optimieren Unternehmen einzelne Nachhaltigkeitsaspekte, arbeiten die ökonomischen Vorteile in den verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekten konsequent heraus und quantifizieren die Zusammenhänge. Beispiel Mitarbeiterzufriedenheit: Wenn die Chefetage auf einem Dashboard angezeigt bekommt, wie viel Millionen Euro Umsatz das Unternehmen durch einen Rückgang des Engagements ihres Personals um einen Prozentpunkt verliert, wird sie sich verstärkt um Verbesserungen kümmern.

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Unternehmen mit einer ganzheitlichen Strategie bringen zudem Nachhaltigkeit, Strategie und Innovation zusammen. Dazu gehört, die Produkte und Geschäftsmodelle weniger prozessgetrieben, als vielmehr konzeptgetrieben zu denken. Oder konkreter: Wenn Unternehmen ein Redesign ihrer Lieferketten unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten durchführen, führt dies unter Umständen zu einem Redesign der Produkte und Dienstleistungen. Diesen Schritt dürfen Entscheiderinnen und Entscheider nicht scheuen.

Ohne Daten keine Nachhaltigkeit

Der zum Thema Nachhaltigkeit passende Managementkompass von Sopra Steria in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut enthält bewusst den Zusatz „durch Digitalisierung“. Digitale Technologien sind ein wichtiger Verbündeter, wenn es darum geht, eine nachhaltige Strategie umzusetzen. Ohne sie gibt es keine Kreislaufwirtschaft. Daten und Analysen schaffen Transparenz, mit KI-Lösungen sind wir imstande, treffsicherere Prognosen zu erstellen. Durch Automatisierung und Virtual Reality lassen sich Ressourcen und Wege einsparen. Durch Cloud Computing sind Unternehmen flexibler und können sich deutlich schneller an neue Bedingungen anpassen. 

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Ganz wichtig dabei: Die Nachhaltigkeitsrisiken von Digitalisierung dürfen in einer nachhaltigen Strategie nicht ausgeklammert werden. Dazu gehört beispielsweise, dass wir auf Basis von Algorithmen unethisch entscheiden und lokale Fehler Einzelner durch die Hypervernetzung globale Folgen haben können. Das Management dieser Risiken muss ebenfalls angegangen werden.

Ich wünsche mir, dass Sie aus den Beiträgen im Managementkompass wichtige Erkenntnisse für das Aufstellen und Erreichen einer nachhaltigen Strategie mitnehmen, und freue mich, wenn Sie ggf. bei Fragen den Austausch mit uns suchen.

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