Wie ist das in Ihrem Haus: Suchen Sie oder finden Sie? Gemeint ist die passende digitale Ausrichtung. Wenn Sie sich fragen, wo sich Ihr Unternehmen in diesem Prozess im internationalen Vergleich befindet, liefert Ihnen die Studie Digital Banking Experience Report Antworten darauf. Gemeinsam mit dem Meinungsforschungsunternehmen Forrester haben wir ein halbes Jahr lang weltweit Banken und Finanzdienstleister befragt. Mehr als 700 Führungskräfte aus fast 30 Ländern standen Rede und Antwort. Wir haben uns die Rohdaten für Deutschland näher angeschaut. Drei Ergebnisse dieser Sonderauswertung möchte ich mit Ihnen teilen.
Bei den digitalen Banken ist immer Tag 1
Auf den ersten Blick scheint es paradox: Es sind nicht etwa die traditionellen Banken in Deutschland, die sich unzufrieden zeigen mit der digitalen Customer Experience ihrer Kunden, sondern die digitalen Banken. 74 Prozent der Führungskräfte der etablierten Banken und Sparkassen bescheinigen ihren Häusern einen guten bis exzellenten Job auf diesem Gebiet. Bei den rein digitalen Herausforderern sind es 55 Prozent.
Diese Zahlen verdeutlichen sehr schön die unterschiedliche kulturelle DNA. In Digitalbanken stecken mehr Amazon-Gene und damit mehr von einer Day-one-Mentalität eines Jeff Bezos. Das stetige Hinterfragen und der Blick auf die nächste Verbesserung des Kundenerlebnisses sind deutlich ausgeprägter. Traditionelle Institute feiern gerne den Status quo. Das ist auch gut so, eine Prise Zufriedenheit mit dem Erreichten sollte immer möglich sein. Sie sollte nur nicht in einem Mindset der Trägheit oder einer gewissen Form von Selbstüberschätzung münden.
Die einen sparen, die anderen erfinden
Apropos Kulturunterschiede: Die zeigen sich ebenfalls beim Sortieren der strategischen Agendapunkte: Acht von zehn traditionellen Instituten in Deutschland setzen Kosteneinsparungen ganz nach oben. Die Umsetzung regulatorischer Vorgaben sowie Effizienz- und Produktivitätsinitiativen nehmen ebenfalls vordere Plätze ein. Der Titel Sparweltmeister ist den klassischen Banken und Sparkassen damit sicher, denn im weltweiten Durchschnitt kommen Kostensenkungen nur bei zwei von drei Banken zuerst. Das Vorantreiben von Innovationen ist Banken weltweit wichtiger.
Nun könnten Entscheider von Traditionsbanken kontern und sagen: „Die lokalen Marktbedingungen unterscheiden sich international dermaßen, dass ein Vergleich hinkt.“ Stimmt! Dennoch ist Zurücklehnen nicht angesagt. Die Studie zeigt sehr gut, dass Challenger-Banken in Deutschland mächtig Druck auf die etablierten Häuser ausüben werden. 71 Prozent der befragten Digitalbanken investieren Geld und Scharfsinn primär in die Verbesserung digitaler Produkte und Services.
Mehr noch: Sie fokussieren das Thema Vertrauen und greifen damit Traditionsinstitute an ihrem zentralen USP an. 85 Prozent der befragten Digitalbanken nennen unternehmerische Verantwortung und Corporate Social Responsibility als strategisch vorrangige Themen. Traditionelle Banken zwar auch – vor allem jedoch als Pflichtthemen, weil für einige 2022 Klimastresstests anstehen. Digitalbanken sehen Nachhaltigkeit stärker als strategisches Thema, das sie in ihrer Unternehmensstrategie verankern. Damit werden sie mittelfristig Löcher in die Vertrauensphalanx der Traditionsbanken reißen. Aus Start-ups werden gestandene Institute, allerdings Institute mit moderner IT-Landschaft und digitalem Mindset.
Die Botschaft an Traditionsbanken kann somit nur lauten, Transformationsthemen zügig abzuarbeiten und schnell wieder aufs Spielfeld zu kommen.
Wachstum entsteht nicht nur durch digitalen Vertrieb
Hierfür gilt es, sich ein künftiges Spielsystem zu überlegen, sprich eine tragfähige Wachstumsstory zu schreiben. Jede dritte Bank will vor allem die Früchte ihrer Omnichannel-, Cloud- und App-Investition ernten. Nur ein Viertel sieht innovative digitale Produkte und Services als Quelle für Wachstum.
Dass Banken aus den getätigten Investitionen zunächst Erträge für Folgemodernisierungen erwirtschaften wollen, ist nachvollziehbar. Ob ein Up-Selling und ein Cross-Selling über neue digitale und mobile Kanäle ausreichen, das eigene Geschäftsmodell zu sichern, ist fraglich. Die traditionellen Banken laufen Gefahr, beim Produkt zu verharren und die Kunden aus den Augen zu verlieren.
Zum Vergleich: 71 Prozent der Challenger-Banken schwören auf innovative Technologien. Das können im Kleinen Chatbots der nächsten Generation sein, die Kundenanfragen mit Spracherkennung und fallabschließend bearbeiten und dabei jede Menge nützlicher Daten in die CRM-Systeme routen, damit kluge Köpfe sie in neue Lösungen ummünzen.
Oder es sind neue Augmented-Reality-Lösungen, die Beratung als Erlebnis inszenieren, damit sich jüngere Menschen für Baufinanzierung begeistern können. Manche F&E-Unit von Banken, die in dieser Studie als Pioniere eingestuft werden, arbeitet womöglich mit Fintechs zusammen an Embedded Finance und lotet Metaverse-Geschäftsmodelle aus.
Keine Warenhäuser mehr – doch der Einzelhandel bleibt
Wir alle kennen noch die Zeit der großen Kaufhäuser. Sie versuchten, Angebote aus den verschiedensten Bereichen des Alltags unter ein Dach zu bringen. Nach und nach sind all die großen Warenhäuser verschwunden. Doch auch heute kaufen die Menschen nicht nur online ein. Was macht also erfolgreiche Einzelhändler aus? Spezialisierung.
Was beim Handel gilt, das gilt auch für die Finanzbranche. Einfach wird der Neustart für die traditionellen Banken dabei sicherlich nicht werden. Doch das Rennen um die Spitze ist nicht entschieden. In der Pandemie haben die Banken gezeigt, dass sie in der Lage sind, sich anzupassen. Diesen Schwung gilt es für eine Aufholjagd zu nutzen. Ihr Ausgang könnte uns alle am Ende womöglich überraschen, wenn aus zurückhaltenden Forschern mutige Pioniere werden – mit Day-one-Mentalität und einem Blick für das Kundenerlebnis.
Ihre konkrete Sicht
Die Studie enthält weitere Ergebnisse, beispielsweise wie Banken sich die Zusammenarbeit mit Partnern und Dienstleistern vorstellen. Was Entscheider im Durchschnitt denken, weiß ich nun aus dem Digital Banking Experience Report.
Mich interessiert allerdings Ihre konkrete Sicht auf Strategien, Herausforderungen und Kooperationen. Lassen Sie uns dazu im Gespräch bleiben, ich freue mich auf Ihr Echo.