Banken 2017: Wachstum vor allem mit Bestandskunden - Sparkassen wollen Firmenkunden, Kreditbanken Privatkunden

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90 Prozent der deutschen Banken setzen 2017 und in den nächsten Jahren vor allem auf Bestandskunden, um ihr Geschäft weiter auszubauen. Neue Technologien und Datenanalysen sollen helfen, Potenziale zu identifizieren und Kunden noch enger an sich zu binden. Das ergibt die aktuelle Studie „Branchenkompass Banking“ von Sopra Steria. Die Branche fokussiert sich dabei stärker als noch vor zwei Jahren auf gewerbliche Kunden. Vor allem Sparkassen, Landes- und Genossenschaftsbanken verschieben ihren Investitionsschwerpunkt deutlich in Richtung Firmenkundengeschäft. Großbanken entdecken dagegen die Privatkunden neu für sich.  

Das Gewinnen neuer Kunden hat demgegenüber bei den Banken ein Stück an strategischer Relevanz verloren. 77 Prozent der Bankentscheider setzen in den kommenden zwei Jahren auf Wachstum durch Neukunden. Damit hat sich im Vergleich zur Befragung 2014, in der dem Bestands- und Neukundengeschäft mit 84 bzw. 81 Prozent eine ähnlich hohe strategische Bedeutung beigemessen wurde, die Schere zugunsten des Bestandskundengeschäftes deutlich geöffnet.

„Vor dem Hintergrund der Leitzinsentwicklung in den letzten Jahren ein nachvollziehbarer Trend. Neue Daten- und Analysetools sowie der sich über Omnichannel-Ansätze eröffnende Weg vom Customer Relationship Management (CRM) zum Customer Experience Management machen es möglich, in den eigenen Beständen viel gezielter Potenziale zu identifizieren. Diese Bestandskunden dann für neue Produkte zu gewinnen, ist wesentlich effizienter als sich einzig und allein auf das unsichere und teurere Neukundengeschäft zu verlassen“, erklärt Dr. Elmar Stenzel, Senior Manager Customer Relationship Management bei Sopra Steria. Die Branche sei insgesamt auf dem richtigen Weg, so Stenzel, denn „ein weiterer großer Vorteil der Konzentration auf Bestandskunden ist, dass die Kundenbindung signifikant steigt, je mehr Produkte ein Kunde bei einem Finanzinstitut nutzt."

Darüber hinaus gewinnen die gewerblichen Kunden insgesamt an Bedeutung. Über das gesamte Spektrum der befragten Banken hinweg stehen nennenswerte Investitionen in das Kreditgeschäft mit Geschäfts- und Firmenkunden an erster Stelle, dicht gefolgt von der Finanzberatung für dieses Kundensegment. Das ist ein deutlicher Richtungswechsel. In der Befragung 2014 lag der Schwerpunkt der Investitionen noch klar auf dem Privatkundengeschäft. „Firmenkunden sind in der Regel enger an ihre Bank gebunden und neigen weniger zum Wechsel der Bank als Privatkunden. Das macht sie attraktiver“, erklärt Bankenspezialist Stenzel. Allerdings bleibt die (Wieder-)Entdeckung der Firmenkunden nicht ohne Nebenwirkungen. „Der sich verschärfende Wettbewerb im Firmenkundengeschäft fordert steigende Investitionen in neue – oft digitale – Angebote, um sich von der Konkurrenz abzusetzen. Gleichzeitig bleiben die Verwaltungskosten im Firmenkundengeschäft durch die weiterhin zunehmende Regulierung unverändert hoch und verlangen Effizienzmaßnahmen“, so Stenzel.

Und nicht alle Banktypen sehen die Verlagerung in Richtung Firmenkundengeschäft gleich: Während Sparkassen, Landes- und Genossenschaftsbanken stärker in Bankdienste für Unternehmen investieren und sich auf die regionale Nähe zum leistungsstarken Mittelstand besinnen, entdecken viele Großbanken die Privatkunden gerade neu für sich. Speziell von einem effizienten Kreditgeschäft für Privatkunden versprechen sich die Großbanken Wachstumsimpulse. Das aufwändige und eher wenig ertragreiche Beratungsangebot für Privatkunden spielt dagegen insgesamt auch bei den Großbanken nur eine untergeordnete Rolle.

Über die Studie:
Im Juli 2016 befragte das Meinungsforschungsinstitut forsa insgesamt 120 Vorstandsmitglieder und Führungskräfte der bedeutendsten Banken Deutschlands und Österreichs – davon 100 Institute aus der Bundesrepublik und 20 aus Österreich. In den computergestützten Telefoninterviews (CATI) ging es insbesondere um die Einschätzung wichtiger Branchentrends sowie um Investitionsziele der Teilnehmer bis 2019. Durch einen Ergebnisabgleich mit früheren Studien von Sopra Steria liefert der aktuelle Branchenkompass nicht nur ein Bild vom gegenwärtigen Status quo, sondern arbeitet auch zeitliche Entwicklungslinien seit 2002 heraus.

ZUM BRANCHENKOMPASS „Banking 2016"

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