Noch halten sich deutsche Versicherer mit Outsourcing-Investitionen zurück. Doch das dürfte sich in Zukunft ändern: Laut einer aktuellen Untersuchung von Sopra Steria Consulting sehen 35 Prozent der befragten Unternehmen in der Auslagerung von Geschäftsprozessen hohe Potenziale zur Realisierung von Kostensenkungen. Die Untersuchung zeigt aber auch, dass Outsourcing-Erfolge in dieser Branche nur mit einer veränderten Unternehmenskultur und verstärkter Prozessstandardisierung möglich sind.
Die Auslagerung von IT-Anwendungen und Querschnittsfunktionen bietet in der Versicherungsbranche ein besonders hohes Kosteneinsparpotenzial. Zu diesem Ergebnis kommt die empirische Untersuchung „Outsourcing-Potenziale in der deutschen Versicherungswirtschaft“ von Sopra Steria. Ebenfalls lohnenswert nennen 86 Prozent der befragten Unternehmen die – in Teilen bereits praktizierte – Auslagerung ihres Output-Managements. Das ist insofern nicht überraschend, als das interne Output-Management nicht dem Kerngeschäft eines Versicherers zugerechnet wird und somit keinen direkten Beitrag zur Wertschöpfung leistet. Als klassische Outsourcing-Kandidaten gelten insbesondere die unterstützenden Funktionen, weil sie zumeist stärker standardisiert sind, eine geringere Komplexität aufweisen und sich durch eine Auslagerung somit höhere Skaleneffekte erzielen lassen. Zudem ist das Outsourcing-Risiko bei unterstützenden Querschnittsfunktionen in der Regel deutlich geringer und die Transaktionshäufigkeit größer als bei strategisch bedeutsamen Prozessen.
„Versicherungsgesellschaften sollten den Wertschöpfungsbeitrag ihrer Prozesse zum eigenen Kerngeschäft konsequent analysieren, da sich nur so das unternehmensindividuelle Outsourcing-Potenzial unter Berücksichtigung der strategischen Ausrichtung valide abschätzen lässt“, empfiehlt Studienautor Harry Schumacher. Eine Überprüfung der eigenen Wertschöpfungskette sei auch deshalb angeraten, weil auf diese Weise am schnellsten erkennbar wird, welche Prozessbereiche beim Outsourcing die größten Kostenvorteile versprechen.
Allerdings streut die derzeitige Unternehmensorganisation vieler Versicherungen beim Outsourcing oftmals Sand ins Getriebe. Schuld daran sind zumeist sparten- und produktorientierte Organisationstrukturen, die zudem für den vergleichsweise geringen Standardisierungsgrad in der Versicherungsbranche verantwortlich sind. „Höhere Kosteneffizienz durch Prozess-Outsourcing setzt folglich organisatorische Veränderungen voraus, die ihrerseits nur mit einer gewandelten Unternehmenskultur gelingen können“, so Harry Schumacher.
Wie hoch der Kostendruck in der Assekuranzwirtschaft heute ist, belegt nicht zuletzt der „Branchenkompass Insurance 2015“ von Sopra Steria: Sieben von zehn der dafür Befragten bezeichneten die Kostenlage ihres Unternehmens als eine zentrale Herausforderung. 90 Prozent gaben sinkende Prozesskosten und steigende Prozesseffizienz als eine ihrer strategischen Prioritäten für die nächsten Jahre an.
Über die Studie:
Für die Studie „Outsourcing-Potenziale in der deutschen Versicherungswirtschaft“ befragte Sopra Steria 42 Führungskräfte von Erstversicherern, Service-Providern und Consulting-Unternehmen. Neben einer quantitativen Erhebung führte Harry Schumacher im September 2015 sechs Tiefeninterviews mit Topentscheidern in der Branche durch. Die aktuelle Untersuchung setzt eine Reihe zahlreicher Studien in Kooperation mit Universitäten fort, mit denen Sopra Steria Consulting speziell junge Wissenschaftler fördert.