Studie: Effizienzoffensive in den öffentlichen Verwaltungen

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Sechs von zehn Entscheidern der öffentlichen Verwaltung halten knappe Finanzen für die zentrale Herausforderung der kommenden zwei Jahre. Das sind zwar, dank der positiven Steuerentwicklung, deutlich weniger als noch 2016 und 2012. Dennoch sorgen speziell auf kommunaler Ebene knappe Budgets immer noch für Kopfzerbrechen und bremsen Investitionen in drängende Infrastrukturvorhaben. Die gute Nachricht aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger: Einsparungen nach dem Rasenmäherprinzip bleiben die absolute Ausnahme. Das sind Ergebnisse der Studie „Branchenkompass Public Services 2018“ von Sopra Steria in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut.

Gerade in strukturschwachen Regionen konkurrieren dabei die hohen Sozialausgaben mit den eigentlich notwendigen Investitionen. In den ländlichen Gebieten stellt insbesondere der Netzausbau eine besondere Herausforderung dar, da gerade die Gemeinden auf dem Land erheblichen Nachholbedarf bei Versorgung mit moderner Telekommunikationsstruktur haben. Zusätzlich erschwert der mittlerweile aktiv spürbare demografische Wandel die Initiierung entsprechender Vorhaben: Es wird immer schwerer, Fachkräfte für die Verwaltungsarbeit in den Behörden zu rekrutieren. 72 Prozent der Verwaltungsentscheider sehen sich daher erheblichen Belastungen ausgesetzt. „Für die Verwaltungen geht es nun darum zu verhindern, dass die zwingend erforderlichen Digital-Government-Leistungen nicht zu teuer werden. Die Herausforderung besteht daher vor allem darin, mehr zu leisten aber gleichzeitig weniger zu verbrauchen“, sagt Ronald de Jonge, Leiter Management Consulting für die öffentlichen Verwaltung bei Sopra Steria.

Um die finanziellen, strukturellen und demografischen Herausforderungen zu meistern, setzt die Mehrheit der Verwaltungen auf Um- und Neustrukturierungen für mehr Effizienz in den Abläufen. Die häufigste geplante Maßnahme ist dabei das Zusammenführen von IT-Fachverfahren. Ziel ist, technische Komponenten wie E-Akte, Formulardruck und Gebührenkasse für verschiedene Verfahren wie Melde- und Passwesen, Führerscheinwesen und Fundbüro nur einmal einrichten zu müssen. Dafür investieren die Verwaltungen in vorbereitende Maßnahmen, unter anderem damit zukünftig die relevanten IT-Fachverfahren eine zentrale Datenhaltung nutzen.

78 Prozent der Befragten planen dementsprechende Maßnahmen zur IT-Konsolidierung und Bündelung von IT-Leistungen. Dies spiegelt auch die Bestrebungen des Bundes wider, den IT-Betrieb in wenigen Rechenzentren zu bündeln. Bis 2022 sollen 80 Prozent des IT-Betriebs der Bundesbehörden zentralisiert sein. Ein Beispiel für die IT-Konsolidierung auf Länderebene ist Dataport. Seit 2017 laufen in zwei Rechenzentren rund 600 Verwaltungsverfahren von Landes- und Kommunalverwaltungen verschiedener Bundesländer (Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern).

70 Prozent der Entscheider wollen zudem in den kommenden Jahren verstärkt Abläufe automatisieren – auch mithilfe neuer Technologien wie künstlicher Intelligenz (14 Prozent). Automatisierungsprojekte sind insbesondere von größeren Verwaltungsbehörden ab 100.000 Einwohner vorgesehen.

Mehr private Dienstleister, kaum Leistungskürzungen

Zwei von drei befragten Verwaltungsentscheidern greifen zur Effizienzsteigerung auf die Angebote öffentlicher Dienstleistungszentren zurück. Gut die Hälfte sucht bei den Effizienzmaßnahmen Unterstützung durch private Dienstleister. Im Vergleich zu früheren Befragungen ist die Zahl der Verwaltungen, die mit privaten Unternehmen zusammenarbeiten wollen, gestiegen. Bei der Befragung für den Branchenkompass Public Services 2016 waren es nur 36 Prozent.

Dagegen stehen direkte Kürzungen bei den Leistungen lediglich vereinzelt auf dem Plan der öffentlichen Verwaltung. Lediglich 19 Prozent wollen Zuschüsse oder freiwillige Leistungen zurückfahren, allgemeine Einsparungen nach dem Rasenmäherprinzip sehen nur 14 Prozent als notwendig an. Einsparmaßnahmen dieser Art planen vor allem Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohnern.

Über die Studie:

Von Februar bis März 2018 befragte das Marktforschungsinstitut Forschungswerk im Auftrag von F.A.Z.-Institut und Sopra Steria 100 Entscheider aus 100 deutschen Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen zu den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen durch die Digitalisierung im öffentlichen Sektor. Die Befragung wurde in Form von Computer Aided Telephone Interviewing (CATI) durchgeführt. Die befragten öffentlichen Verwaltungen setzen sich zu knapp einem Drittel aus Bundes- und Landesbehörden und zu gut zwei Dritteln aus Gemein­den und Landkreisen zusammen. Im Studiendesign sind nur Kommunen ab 20.000 Einwohner vertreten. Darüber hinaus wurde in vertiefenden Interviews mit Spitzenvertretern der öffentlichen Verwaltung sowie der Bundesarbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V. (Vitako) zu ihren Erfahrungen und Standpunkten gesprochen.

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