Studie: Wirtschaft in Deutschland sieht sich agiler als sie handelt - Nur jedes dritte Unternehmen arbeitet am Abbau starrer Hierarchien

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Unternehmen in Deutschland wollen agiler entscheiden, um schneller auf Kundenbedürfnisse und neue Wettbewerber zu reagieren. Acht von zehn Managern halten die Einführung passender Methoden und Strukturen für sinnvoll, sieben von zehn bewerten das eigene Unternehmen bereits jetzt zumindest für durchschnittlich agil. Dennoch: Rein klassisch hierarchische Führungsmodelle finden sich noch in jedem vierten Unternehmen. Erst 14 Prozent haben den Umbruch zu einer agilen Organisation mit schnellen, flexiblen Entscheidungswegen geschafft. Zudem stützen sich Entscheider stärker auf Intuition als auf Daten und moderne Technik. Das sind die Ergebnisse der Studie „Potenzialanalyse agil entscheiden“ von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut.

Die Unternehmen erkennen quer durch alle Branchen und Größen, dass gewohnte Entscheidungsstrukturen nicht mehr funktionieren. Durch die globale Vernetzung und das Tempo der technologischen Entwicklung steigen der Entscheidungsdruck und die Komplexität, mit der sich Manager im Tagesgeschäft auseinandersetzen müssen. 60 Prozent der Führungskräfte geben an, dass sie Entscheidungen heute schneller treffen als noch vor fünf Jahren, so die Studie. Rund jeder Zweite (49 Prozent) muss zudem auch häufiger entscheiden.

„Wir befinden uns in einer Welt permanenten Wandels. Branchengrenzen verschwimmen und neue Geschäftsmodelle, Produkte und Services definieren den Wettbewerb neu“, sagt Urs M. Krämer, CEO von Sopra Steria. „Die meisten Unternehmen haben erkannt, dass sie schneller und beweglicher werden müssen, um sich den veränderten Marktbedingungen besser anpassen zu können. Agilität steht deshalb auf der Agenda deutscher Führungskräfte weit oben.“ Die Studie bestätigt: Nur jeder zehnte Befragte sträubt sich explizit vor neuen Führungsmodellen und agilen Ansätzen.

Spagat zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Bei den Absichten, agiler zu entscheiden, spielen vor allem neue Anforderungen auf Kundenseite eine Rolle. So streben zwei von drei Führungskräften (63 Prozent) nach mehr Agilität, um schneller und individueller auf Kundenbedürfnisse reagieren zu können. Jedes zweite Unternehmen (49 Prozent) will konkurrenzfähig bleiben oder die eigene Innovationskraft stärken (48 Prozent).

Grundsätzlich sehen sich die meisten Entscheider in punkto Agilität schon ganz gut aufgestellt. Im Vergleich zum Wettbewerb bewerten 44 Prozent der Befragten das eigene Unternehmen als durchschnittlich, 27 Prozent sogar als überdurchschnittlich agil. Beim Blick auf konkrete Veränderungen klaffen allerdings Wunsch und Wirklichkeit an vielen Stellen noch auseinander. Der Einsatz agiler Methoden wie Scrum und Kanban ist beispielsweise nicht flächendeckend. Ein Viertel aller Unternehmen nutzt gar keine agilen Methoden, und erst 14 Prozent verfügen über ein rein agiles Führungsmodell.

Mitarbeiter sollen selbständiger entscheiden

Als Voraussetzung für eine agile Organisation zählen Entscheidungsautonomie der Mitarbeiter, eine Unternehmenskultur, die Fehler verzeiht und flache Hierarchien. Das ist den meisten Entscheidern bewusst. Neun von zehn Führungskräften erklären, dass sie ihre Mitarbeiter ermutigen, schnell und selbständig zu entscheiden. 74 Prozent sagen, dass in ihrer Organisation Fehlentscheidungen genutzt werden, um daraus zu lernen. Nur sechs Prozent erklären, dass in ihrem Unternehmen Fehlentscheidungen sanktioniert werden.

Dennoch ist bei 28 Prozent das Führungsmodell von Unternehmen klassisch hierarchisch aufgebaut, weitere 19 Prozent pflegen einen partizipativen Führungsstil, 39 Prozent der Befragten bezeichnen den Führungsstil in ihrem Unternehmen als Mischform. Nicht einmal jedes dritte Unternehmen (30 Prozent) arbeitet aktuell am Abbau von Hierarchien.

Entscheider verlassen sich auf Erfahrungsschatz aus der analogen Welt

Ähnlich widersprüchlich sind die Angaben, wenn es darum geht, auf welcher Basis Entscheidungen getroffen werden. Mithilfe moderne Wissensmanagement-Systeme und Collaboration Tools, Analytics und künstlicher Intelligenz können Unternehmen auf Basis von Daten schneller und agiler Entscheidungen treffen. 46 Prozent der Führungskräfte bezeichnen die Entscheidungsprozesse in ihrem Unternehmen als „stark datengetrieben“, so die Studie „Potenzialanalyse agil entscheiden“. Dennoch nutzen sie bei weitem nicht das volle Potential digitaler Technologien. Klassische ERP-Systeme unterstützen in 54 Prozent der Unternehmen die Entscheidungsfindung, ein Viertel nutzt Big-Data-Lösungen (26 Prozent). Deutlich seltener kommen Predictive Analytics (15 Prozent), Collaboration Tools (14 Prozent) oder künstliche Intelligenz (9 Prozent) zum Einsatz.

Lieber als auf Technik und Daten verlassen sich Führungskräfte in Deutschland noch immer auf ihre Erfahrung und treffen Entscheidungen vielfach rein intuitiv. Neun von zehn Führungskräften geben an, dass ihre Entscheidungen stark (48 Prozent) oder sogar sehr stark (42 Prozent) auf Erfahrung und Intuition beruhen. „In einer Welt, in der die Digitalisierung das Innovationstempo vorgibt, sinkt die Halbwertzeit unseres analogen Erfahrungswissens dramatisch“, so Urs M. Krämer. „Unsere Studie belegt, dass Entscheider zwar durchaus spüren, dass sich etwas verändern muss. Dennoch setzen sie eher auf bewährte Methoden, als konsequent umzudenken“.

Managementkompass agil entscheiden veröffentlicht

Um Entscheidern neue Wege aufzuzeigen und sie in ihrem Wusch nach mehr Agilität zu unterstützen, hat Sopra Steria parallel zur Potenzialanalysegemeinsam mit dem F.A.Z.-Institut den „Managementkompass agil entscheiden“ veröffentlicht. Der Studienband bietet Erfahrungsberichte von Top-Entscheidern, Best Practices führender deutscher Unternehmen, neue Erkenntnisse aus der betrieblichen Forschung aber auch Anregungen und Inspiration aus der Natur oder der Welt des Sports.

Über die Studie:

Für die Studie „Potenzialanalyse agil entscheiden“ hat das F.A.Z.-Institut im Auftrag von Sopra Steria  im Februar 2018 mehr als 300 (n=302) Geschäftsführer, Vorstände, und Führungskräfte von Finanzdienstleistern, Energie- und Telekommunikationsunternehmen, aus dem verarbeitenden Gewerbe und der Öffentlichen Verwaltung befragt.

 

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