Mit Design Thinking aus dem Blickwinkel der Bürgerinnen und Bürger digitalisieren

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Orientierung an Nutzerinnen und Nutzern ist der entscheidende Faktor, damit das große digitale Angebot der öffentlichen Verwaltung, das gerade entsteht, auch Akzeptanz findet. Das Landratsamt Ebersberg hat sich dieser Aufgabe gestellt und sich, angeleitet von Sopra Steria Consulting, Design Thinking zunutze gemacht.

Konkret ging es um die Überarbeitung des Prozesses „Umschreiben des Führerscheins“. Startpunkt war ein auf sechs Stunden angesetzter initialer Design-Thinking-Workshop: „Zunächst haben wir den aktuellen Prozess in seine Einzelteile zerlegt“, sagt Brigitte Keller, Leiterin des Amtes „Zentrales und Bildung“ beim Landratsamt: „Was müssen die Bürgerinnen und Bürger bisher machen, um – meistens über das Internet – zu erfahren, wie die Ummeldung geht, um einen Termin zu vereinbaren und um die Ummeldung schnell zu erledigen?“ Zum analytischen Teil gehörten auch Überlegungen für die Fälle, in denen jemand zwar einen Termin vereinbart, seinen Führerschein für den Umtausch aber nicht dabei oder gar verloren hat.

Die Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer haben sich alle Punkte im Detail und durch die Kundenbrille – in Kombination mit User Research – angeschaut und im Sinne einer optimalen Customer Journey analysiert. Auf diese Weise werden die Anknüpfungspunkte definiert, die so genannten Touch Points der Bürgerinnen und Bürger mit der Behörde, die sowohl positiv als auch negativ sein können. So kann es sehr einfach sein, die Öffnungszeiten der Behörde im Internet zu finden, aber (zu) schwer, online auch einen Termin zu vereinbaren. Ziel dieser Analyse ist es, die positiven Momente zu verstärken und für die negativen eine praktikable Lösung zu finden: „Wir haben uns vorgenommen, den Prozess so vorzubereiten und zu gestalten, dass die Ummeldung maximal zehn Minuten dauert“, sagt Brigitte Keller. „Dauert es länger, spendiert die Behörde eine Autowäsche gratis.“

Am Ende des Workshops standen der Impuls zur Überarbeitung des bestehenden und der Prototyp des neuen Prozesses. Zudem sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde zufriedener. Sie haben nach eigener Auskunft das erste Mal verstanden, was Digitalisierung bedeutet und dass mit ihrer Einführung auch ein Kulturwechsel verbunden ist.

Design Thinking: mit System zur Problemlösung

Ziel von Design Thinking ist somit generell eine Innovation, die sich aus der Schnittmenge der Faktoren Anziehungskraft des Menschen (desirability), technische Umsetzbarkeit (feasibility) und Wirtschaftlichkeit (viability) ergibt. Dafür bringt die Methode unterschiedliche Personen mit vielfältigen Qualifikationen in einer kreativen und hierarchiefreien Umgebung zusammen, die sich gemeinsam auf die Suche nach innovativen Lösungen für verschiedenste Fragestellungen an der Schnittstelle zu den Menschen machen. Das kann einzelne Prozesse betreffen, wie die Verlängerung eines Reisepasses, aber auch komplexere Erledigungen, etwa die schnellere Genehmigung eines Bauantrages.

ST3PS: drei erste Schritte ins Design Thinking

Haben Sie ein ähnliches Vorhaben in Ihrer Verwaltungspraxis und suchen Sie den richtigen Startpunkt, an dem Sie ansetzen sollen? Sprechen Sie uns an! Drei Schritte halten wir für elementar und sollten Bestandteil Ihres Design-Thinking-Einstiegs sein:

  1. Prozess identifizieren: Besonders beim ersten Design-Thinking-Workshop empfehlen wir, sich einen einfachen und überschaubaren Prozess zu suchen, der nicht optimal läuft. Analysieren Sie das Problem mit ihren Nutzerinnen und Nutzern zusammen, vertrauen Sie nicht darauf, dass Sie alles über die Personen wissen. Wichtig: Es darf bisher keine Lösung geben. Lassen Sie sich auch nicht von einer zu schnellen Lösungsidee leiten, damit ein Design Thinking nicht zur Simulation wird.
  2. Du statt Sie: Führen Sie zu Beginn des Workshops das „Du“ ein – als „Workshop-Du“, im besten Fall auch für den Alltag danach. Das ist ein kleiner, aber konkreter Schritt in Richtung Kulturwandel. Er unterstützt dabei, eine kreative Arbeits- und Denkweise sowie die Sicht der Nutzerinnen und Nutzer einzunehmen und sich frei von Hierarchien der Problemlösung widmen zu können.
  3. Prototyp entwickeln: Es ist nicht wichtig, wie er aussieht. Es kann eine Skizze sein, ein Ideensteckbrief für eine App oder ein Lego-Prototyp. Wichtig ist das Visualisieren, um den Nutzerinnen und Nutzern etwas Greifbares vorzulegen. Außerdem können Sie dieses erste Ergebnis an die Entwicklungs- oder Projektteams übergeben.

Weitere Informationen:

Ausführlicher Fachartikel bei eGovernment Computing

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