Regulierung: Versicherer trotzen rechtlichen Unsicherheiten - Predictive Compliance steckt noch in den Kinderschuhen

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Für 72 Prozent der Versicherer in Deutschland ist der Compliance-Fahrplan 2018 eine große Belastung. 19 Prozent melden, dass sie an die Kapazitätsgrenzen stoßen. Die Mehrheit der Unternehmen (66 Prozent) arbeitet derzeit mit Hochdruck an der Umsetzung der Anforderungen der EU-Vermittlerrichtlinie (IDD) bis zum 23. Februar – trotz vieler rechtlicher Unklarheiten. Mehr als jeder zweite Versicherer (58 Prozent) fokussiert seine Ressourcenplanung zudem bereits auf die schwierige Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO). Das ergibt die Studie „Branchenkompass Insurance 2017“ von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut.

Die Frist für die Umsetzung der IDD-Vermittlerrichtlinie endet in der kommenden Woche, am 23. Februar 2018, trotz einer Absichtserklärung der EU-Kommission, die Anwendung der Richtlinie auf den 1. Oktober 2018 zu verschieben. Den Versicherern hierzulande fehlen allerdings die veränderten Rechtsverordnungen: die Versicherungsvermittlungs- sowie die VVG-Informationspflichtenverordnung. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die geschäftsführende Regierung die beiden gesetzlichen Regelungen noch bis zur kommenden Woche erlassen und verkünden wird.

Die schwebende rechtliche Situation erschwert die Planung der Maßnahmen bei den Versicherern erheblich. Unklar ist beispielsweise, ob Versicherer ihren Kunden das derzeit gültige deutsche Produktinformationsblatt oder das europaeinheitliche aushändigen sollen – oder beide. Zudem fehlen konkrete Anforderungen an die Qualität der geforderten Weiterbildungsmaßnahmen für Vermittler. Der Produktgenehmigungsprozess ist ebenfalls noch nicht geklärt.

 „Am Beispiel  der Vermittlerrichtlinie IDD lässt sich ablesen: Versicherer sowie Unternehmen anderer Branchen müssen sich darauf einstellen, dass die Taktung der Rechtsanpassung erheblich ansteigt“, sagt Lars Rautenburger, Leiter der Business Unit Insurance bei Sopra Steria. „Wichtig ist, dass sich das Compliance Management selbst weiterentwickelt. Das Ziel sollte sein, regulatorische Vorhaben frühzeitig zu durchdringen und die Auswirkungen auf all ihren Ebenen und in voller Detailtiefe zu verstehen“, so Rautenburger.

Vorausschauende Compliance mit Hilfe künstlicher Intelligenz

Viele Versicherer haben das erkannt und beschäftigen sich mit Lösungen, wie sie die Compliance-Kosten auf ein verkraftbares Niveau begrenzen und schneller reagieren. 46 Prozent der befragten Entscheider sehen viel Potenzial darin, durch Big Data und künstliche Intelligenz agiler zu werden. Ansätze mit lernenden Systemen für die Frühwarnung, Überwachung und Risikokontrolle – eine so genannte Predictive Compliance – stecken allerdings noch in den Kinderschuhen. Acht Prozent der Versicherer haben automatisierte Überprüfungen von Compliance-Anforderungen in die operativen Prozesse integriert. Erste Einsatz­gebiete sind beispielsweise die Verbesserung von Anti-Geldwäsche-Untersu­chungen sowie Sprachassistenten, die Mitarbeitern einfache Fragen zur Einhaltung von Compliance beantworten.

Über die Studie:

Die Ergebnisse der Studie Branchenkompass Insurance 2017 wurden in zwei Schritten erhoben. Sopra Steria und das F.A.Z.-Institut haben Versicherungs-Führungskräfte in einem Think Tank zusammengebracht und mit ihnen über die Themen diskutiert, die die Branche bewegen. Digitalisierung, Schadenmanagement und Compliance standen im Fokus. Im Oktober 2017 wurden darüber hinaus 85 Führungskräfte aus Versicherungen zu den Branchentrends, Herausforderungen und Strategien befragt. Die Online-Befragung wurde mit Führungskräften von Versicherern unterschiedlicher Sparten und Größe durchgeführt.

Links:

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