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Digital Government Studie: „Digitalisierung schafft Zeit für anspruchsvolle Verwaltungsaufgaben“

Dez 3, 2019, 15:50
Title* : Digital Government Studie: „Digitalisierung schafft Zeit für anspruchsvolle Verwaltungsaufgaben“
Nachgefragt!-Interview mit Ulf Glöckner, Senior Manager Public Sector bei Sopra Steria zum aktuellen Stand des Digital Government.

Nachgefragt!-Interview mit Ulf Glöckner, Senior Manager Public Sector bei Sopra Steria zum aktuellen Stand des Digital Government.

Herr Glöckner, die Studie European von Sopra Steria hat ergeben, dass sich die Bürgerinnen und Bürger von den Behörden digitale Services aus einer Hand erhoffen. Das Onlinezugangsverbesserungsgesetz (OZG) regelt genau das, ist aber offenbar den wenigsten bekannt. Was bringt den Menschen das Gesetz?

Ulf Glöckner: Rein formal schafft das OZG die Voraussetzungen dafür, dass bis 2022 Bund, Länder und Kommunen möglichst viele, wenn es geht mehr als 500, Verwaltungsleistungen in Deutschland über Portale auch digital anbieten können. Bürger und Unternehmen können sich bei den Portalen einmalig ein Benutzerkonto anlegen und dann bundesweit alle digitalen Verwaltungsleistungen in Anspruch nehmen – egal, ob sie ein Konto des Bundes oder eines Landes nutzen. Wer kein eigenes Nutzerkonto möchte, kann auch einen Gast-Zugang verwenden. Damit kommt der Gesetzgeber also genau den in unserer Umfrage geäußerten Wünschen der Bürgerinnen und Bürger entgegen: ein einfacher Online-Zugang zu Behörden, über den Leistungen direkt in Anspruch genommen werden können.

Moderne Technologien funktionieren auch bei Behörden nur, wenn der Schutz der Daten der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet ist. Wie viel IT-Sicherheit steckt im Aufbau einer digitalen Verwaltung, die gesetzlich beschlossen wurde und die derzeit umgesetzt wird? Wie wird beispielsweise die EU-DSGVO berücksichtigt?

Sicherheit ist die Eigenschaft der Bürgerportale, die keine Kompromisse erlaubt und damit viele Vorarbeiten auslösen. Das fängt bei der Identifizierung der Nutzer an, die sich über eine traditionelle Kombination aus Benutzername und Passwort anmelden, aber auch die sichere Online-Ausweisfunktion des Personalausweises und des elektronischen Aufenthaltstitels nutzen können. Softwarezertifikate und Hardwaretoken erhöhen die Sicherheit der Menschen bei der Benutzung der Portale. Ganz wichtig sind Standards, die im föderalen System für Alle gelten. „Um die Sicherheit des Portalverbundes zu gewährleisten“, heißt es dazu auf der Seite des Bundesinnenministeriums, „sieht das OZG vor, dass der Bund die Fragen der IT-Sicherheit mittels einer Rechtsverordnung regeln und allen am Portalverbund Beteiligten vorgeben kann.“ Dazu gehört natürlich auch der Schutz von personenbezogenen Daten, wie ihn die Datenschutzgrundverordnung der EU (EU-DSGVO) seit Mai 2018 vorschreibt.

Was Kundennähe und schnelle, individuelle Services angeht, bewerten die Bürger private Anbieter und den Onlinehandel besser als den öffentlichen Sektor. Was kann die Verwaltung von der Privatwirtschaft an Kundennähe lernen? Welche Funktionen und Prozesse können sich Behörden und Ministerien zum Beispiel abschauen?

Zweifellos ist der Handel schon einen Schritt weiter als die öffentlichen Verwaltungen, aber das ist tatsächlich nur bedingt vergleichbar. Das Bürgerportal muss vielleicht ähnliche Services anbieten, wie ein Online-Shop mit Verbindung zu einem Brick-and-Mortar-Ladenlokal in der Fußgängerzone. Aber die öffentliche Verwaltung muss gleichzeitig, wie erwähnt, viel höhere Sicherheitsanforderungen erfüllen und – im Portalverbund mit Bund, Ländern und Kommunen – auch eine ungleich komplexere IT-Infrastruktur aufbauen und vorhalten. Das umzusetzen, dauert seine Zeit und wird bei der Gestaltung der Dienste auch Kompromisse erfordern.

Trotzdem: Große Kundennähe, individuelle Angebote, Distribution, die zu den Bedürfnissen der Kunden passt – das alles sind gelernte Erfahrungen der Menschen aus dem Online-Einzelhandel, und es gibt überhaupt keinen Grund, den Bürgerinnen und Bürgern diese Standards vorzuenthalten.

Große Online-Anbieter sind auch im Einsatz von künstlicher Intelligenz schon sehr weit vorne, um beispielsweise Warenverfügbarkeit auch unter schwer vorhersehbaren Bedingungen zu gewährleisten. Das trifft nun auf die öffentliche Verwaltung nicht zu, allerdings sind auch einige Behörden bei der Nutzung von KI-Chatbots im 1st-Level-Support keine Anfänger mehr. Das kann Verwaltungsprozesse deutlich beschleunigen und den Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeitern Zeit für anspruchsvolle und komplexe Verwaltungsaufgaben frei räumen.

Wie wichtig ist der flächendeckende Ausbau des schnellen Internets in Deutschland, um die digitale Verwaltung für alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes verfügbar zu machen?

Es wäre einfach, 5G als Basis der Vernetzung von Bürgerportalen zu fordern, die dann auch in den abgelegenen und kleinen Verwaltungseinheiten unseres Landes erreichbar wären. Tatsächlich gilt das aus meiner Sicht aber nur bedingt, denn wir benötigen für gute Bürgerservices kein Turbo-Internet, das ansonsten eher für hochauflösende Videos benutzt wird, für die vernetzte Fertigung oder für anspruchsvolle Datenanwendungen. Da lassen wir sprichwörtlich die Kirche im Dorf.

Aber: Für die Vernetzung aller öffentlichen Organisationen benötigen wir selbstverständlich das flächendeckende Netz, das wir in dieser Form bisher nicht haben. Forderungen nach einem National Roaming gehen da in die richtige Richtung, das beim Ausbau von 5G dafür sorgen kann, dass auch abgelegene Gegenden schnelleres Internet bekommen.

Digitalisierung in der Verwaltung wird die Arbeitsplatzbeschreibungen verändern und wahrscheinlich auch Jobs kosten. Worauf müssen sich die Beschäftigten im öffentlichen Dienst einstellen?

Die Digitalisierung ist sicherlich eher Chance als Bedrohung. Es gibt in der öffentlichen Verwaltung genug zu tun, und es wäre ein Gewinn, wenn die Mitarbeiter sich verstärkt komplexen Projekten widmen könnten. In einigen Kommunen werden bald 40 Prozent der Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. Nachwuchs ist heute bereits mehr als knapp. Zudem wählen die Talente nicht unbedingt als erste Option den öffentlichen Dienst, wenn sie in den Arbeitsmarkt treten. Somit helfen Automatisierung von Prozessen und mehr Self Service durch Online-Verwaltungsdienste dabei, diese gewaltige Fachkräftelücke zu schließen.

Wie Unternehmen in der freien Wirtschaft erleben allerdings auch die Behörden einen tiefgreifenden digitalen Transformationsprozess, bei dem kaum ein Stein auf dem anderen bleibt. Die Digitalisierung verändert bestehende Prozesse und bringt neue Abläufe mit sich. Diese müssen akzeptiert, gelernt und gelebt werden. Das löst bei dem einen Begeisterung aus, bei anderen schürt diese Vorstellung Skepsis, Unbehagen, Unsicherheit und Ablehnung.

Diese soziale Komponente ist ein kritischer Erfolgsfaktor für die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung. Sie kann jedoch durch jeweils spezifische Change-Prozesse erfolgreich gemanagt werden. Fachliche und emotionale Betroffenheit gehören in jede digitale Strategie. Dazu zählen Schulungskonzepte, die eine Balance zwischen notwendigem Aufwand und hervorragender Qualität der Schulungen herstellen. Dazu zählen aber auch Kommunikationskonzepte, die den Betroffenen die Ziele der Veränderung glaubhaft vermitteln und sie aktiv und ernsthaft am Veränderungsprozess beteiligen.

Ulf Glöckner, Senior Manager Public Sector bei Sopra Steria

 

 

 

 

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Digital Government Studie: „Digitalisierung schafft Zeit für anspruchsvolle Verwaltungsaufgaben“

Dez 3, 2019, 15:50
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Nachgefragt!-Interview mit Ulf Glöckner, Senior Manager Public Sector bei Sopra Steria zum aktuellen Stand des Digital Government.

Nachgefragt!-Interview mit Ulf Glöckner, Senior Manager Public Sector bei Sopra Steria zum aktuellen Stand des Digital Government.

Herr Glöckner, die Studie European von Sopra Steria hat ergeben, dass sich die Bürgerinnen und Bürger von den Behörden digitale Services aus einer Hand erhoffen. Das Onlinezugangsverbesserungsgesetz (OZG) regelt genau das, ist aber offenbar den wenigsten bekannt. Was bringt den Menschen das Gesetz?

Ulf Glöckner: Rein formal schafft das OZG die Voraussetzungen dafür, dass bis 2022 Bund, Länder und Kommunen möglichst viele, wenn es geht mehr als 500, Verwaltungsleistungen in Deutschland über Portale auch digital anbieten können. Bürger und Unternehmen können sich bei den Portalen einmalig ein Benutzerkonto anlegen und dann bundesweit alle digitalen Verwaltungsleistungen in Anspruch nehmen – egal, ob sie ein Konto des Bundes oder eines Landes nutzen. Wer kein eigenes Nutzerkonto möchte, kann auch einen Gast-Zugang verwenden. Damit kommt der Gesetzgeber also genau den in unserer Umfrage geäußerten Wünschen der Bürgerinnen und Bürger entgegen: ein einfacher Online-Zugang zu Behörden, über den Leistungen direkt in Anspruch genommen werden können.

Moderne Technologien funktionieren auch bei Behörden nur, wenn der Schutz der Daten der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet ist. Wie viel IT-Sicherheit steckt im Aufbau einer digitalen Verwaltung, die gesetzlich beschlossen wurde und die derzeit umgesetzt wird? Wie wird beispielsweise die EU-DSGVO berücksichtigt?

Sicherheit ist die Eigenschaft der Bürgerportale, die keine Kompromisse erlaubt und damit viele Vorarbeiten auslösen. Das fängt bei der Identifizierung der Nutzer an, die sich über eine traditionelle Kombination aus Benutzername und Passwort anmelden, aber auch die sichere Online-Ausweisfunktion des Personalausweises und des elektronischen Aufenthaltstitels nutzen können. Softwarezertifikate und Hardwaretoken erhöhen die Sicherheit der Menschen bei der Benutzung der Portale. Ganz wichtig sind Standards, die im föderalen System für Alle gelten. „Um die Sicherheit des Portalverbundes zu gewährleisten“, heißt es dazu auf der Seite des Bundesinnenministeriums, „sieht das OZG vor, dass der Bund die Fragen der IT-Sicherheit mittels einer Rechtsverordnung regeln und allen am Portalverbund Beteiligten vorgeben kann.“ Dazu gehört natürlich auch der Schutz von personenbezogenen Daten, wie ihn die Datenschutzgrundverordnung der EU (EU-DSGVO) seit Mai 2018 vorschreibt.

Was Kundennähe und schnelle, individuelle Services angeht, bewerten die Bürger private Anbieter und den Onlinehandel besser als den öffentlichen Sektor. Was kann die Verwaltung von der Privatwirtschaft an Kundennähe lernen? Welche Funktionen und Prozesse können sich Behörden und Ministerien zum Beispiel abschauen?

Zweifellos ist der Handel schon einen Schritt weiter als die öffentlichen Verwaltungen, aber das ist tatsächlich nur bedingt vergleichbar. Das Bürgerportal muss vielleicht ähnliche Services anbieten, wie ein Online-Shop mit Verbindung zu einem Brick-and-Mortar-Ladenlokal in der Fußgängerzone. Aber die öffentliche Verwaltung muss gleichzeitig, wie erwähnt, viel höhere Sicherheitsanforderungen erfüllen und – im Portalverbund mit Bund, Ländern und Kommunen – auch eine ungleich komplexere IT-Infrastruktur aufbauen und vorhalten. Das umzusetzen, dauert seine Zeit und wird bei der Gestaltung der Dienste auch Kompromisse erfordern.

Trotzdem: Große Kundennähe, individuelle Angebote, Distribution, die zu den Bedürfnissen der Kunden passt – das alles sind gelernte Erfahrungen der Menschen aus dem Online-Einzelhandel, und es gibt überhaupt keinen Grund, den Bürgerinnen und Bürgern diese Standards vorzuenthalten.

Große Online-Anbieter sind auch im Einsatz von künstlicher Intelligenz schon sehr weit vorne, um beispielsweise Warenverfügbarkeit auch unter schwer vorhersehbaren Bedingungen zu gewährleisten. Das trifft nun auf die öffentliche Verwaltung nicht zu, allerdings sind auch einige Behörden bei der Nutzung von KI-Chatbots im 1st-Level-Support keine Anfänger mehr. Das kann Verwaltungsprozesse deutlich beschleunigen und den Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeitern Zeit für anspruchsvolle und komplexe Verwaltungsaufgaben frei räumen.

Wie wichtig ist der flächendeckende Ausbau des schnellen Internets in Deutschland, um die digitale Verwaltung für alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes verfügbar zu machen?

Es wäre einfach, 5G als Basis der Vernetzung von Bürgerportalen zu fordern, die dann auch in den abgelegenen und kleinen Verwaltungseinheiten unseres Landes erreichbar wären. Tatsächlich gilt das aus meiner Sicht aber nur bedingt, denn wir benötigen für gute Bürgerservices kein Turbo-Internet, das ansonsten eher für hochauflösende Videos benutzt wird, für die vernetzte Fertigung oder für anspruchsvolle Datenanwendungen. Da lassen wir sprichwörtlich die Kirche im Dorf.

Aber: Für die Vernetzung aller öffentlichen Organisationen benötigen wir selbstverständlich das flächendeckende Netz, das wir in dieser Form bisher nicht haben. Forderungen nach einem National Roaming gehen da in die richtige Richtung, das beim Ausbau von 5G dafür sorgen kann, dass auch abgelegene Gegenden schnelleres Internet bekommen.

Digitalisierung in der Verwaltung wird die Arbeitsplatzbeschreibungen verändern und wahrscheinlich auch Jobs kosten. Worauf müssen sich die Beschäftigten im öffentlichen Dienst einstellen?

Die Digitalisierung ist sicherlich eher Chance als Bedrohung. Es gibt in der öffentlichen Verwaltung genug zu tun, und es wäre ein Gewinn, wenn die Mitarbeiter sich verstärkt komplexen Projekten widmen könnten. In einigen Kommunen werden bald 40 Prozent der Mitarbeiter in den Ruhestand gehen. Nachwuchs ist heute bereits mehr als knapp. Zudem wählen die Talente nicht unbedingt als erste Option den öffentlichen Dienst, wenn sie in den Arbeitsmarkt treten. Somit helfen Automatisierung von Prozessen und mehr Self Service durch Online-Verwaltungsdienste dabei, diese gewaltige Fachkräftelücke zu schließen.

Wie Unternehmen in der freien Wirtschaft erleben allerdings auch die Behörden einen tiefgreifenden digitalen Transformationsprozess, bei dem kaum ein Stein auf dem anderen bleibt. Die Digitalisierung verändert bestehende Prozesse und bringt neue Abläufe mit sich. Diese müssen akzeptiert, gelernt und gelebt werden. Das löst bei dem einen Begeisterung aus, bei anderen schürt diese Vorstellung Skepsis, Unbehagen, Unsicherheit und Ablehnung.

Diese soziale Komponente ist ein kritischer Erfolgsfaktor für die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung. Sie kann jedoch durch jeweils spezifische Change-Prozesse erfolgreich gemanagt werden. Fachliche und emotionale Betroffenheit gehören in jede digitale Strategie. Dazu zählen Schulungskonzepte, die eine Balance zwischen notwendigem Aufwand und hervorragender Qualität der Schulungen herstellen. Dazu zählen aber auch Kommunikationskonzepte, die den Betroffenen die Ziele der Veränderung glaubhaft vermitteln und sie aktiv und ernsthaft am Veränderungsprozess beteiligen.

Ulf Glöckner, Senior Manager Public Sector bei Sopra Steria

 

 

 

 

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