Bürokratieabbau: 88 Prozent der öffentlichen Verwaltungen investieren in elektronische Unterschrift

| Minuten Lesezeit

Die Einführung elektronischer Signaturen und Siegel steht bei Bund, Ländern und Kommunen ganz oben auf der Agenda. 48 Prozent der öffentlichen Verwaltungen arbeiten bereits an der digitalen Unterschrift, 40 Prozent investieren bis 2022 in Technik und Abläufe. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen sollen ihren Schriftverkehr mit Behörden künftig deutlich häufiger medienbruchfrei online erledigen können. Das sind die Ergebnisse des „Branchenkompass Public Sector 2020“ von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut.

Mehr Effizienz im Behördenalltag hat in der öffentlichen Verwaltung auf allen Ebenen Priorität. 90 Prozent der Entscheider wollen klassische Fachverfahren in digital verbundene Prozesse überführen. Mit der Umsetzung von Onlinezugangsgesetz (OZG) und E-Government-Gesetz sollen viele Arbeitsabläufe neu sortiert und wo möglich automatisiert werden.

Die elektronische Unterschrift ist hierfür ein wichtiger Mosaikstein. Sie sorgt für beschleunigte Verfahren, weil Dokumente ohne Medienbrüche übermittelt und maschinell weiterverarbeitet werden können. Zudem entlastet die Unterschrift die Behörden: Nach Angaben der EU-Kommission sinkt durch digitale Signaturen und Siegel beispielsweise der Zeitaufwand bei öffentlichen Ausschreibungen von ein bis zwei Wochen auf maximal wenige Tage und die Kosten fallen von 100 Euro auf zehn Euro pro Bearbeitung eines Antrags. 60 Prozent der öffentlichen Verwaltungen ermöglichen bereits in weiten Teilen ein E-Vergabe-Verfahren, 26 Prozent befinden sich in der Umsetzung.

Bei Genehmigungen oder Anträgen sind elektronische Unterschriften allerdings wenig verbreitet. Derzeit können sich Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zwar Formulare über die Internetseiten der Ämter besorgen, müssen sie in der Regel aber ausdrucken, um sie zu unterschreiben. Laut dem IT-Fachverband AIIM (Association for Intelligent Information Management) druckt die Hälfte der Unternehmen weltweit Dokumente nur wegen der benötigten händischen Unterschrift aus.

„Der Fokus der Verwaltungen auf die Einführung elektronischer Signaturen in der Fläche ist ein zentraler Meilenstein beim Aufbau einer digitalen Verwaltung. Die anvisierte Effizienz und der Bürokratieabbau bei Bund, Ländern und Kommunen werden erst dann spürbar, wenn es digitale Prozesse vom Antrag bis zum Bescheid gibt“, sagt Markus Schlosser, Leiter des Geschäftsbereichs Bund und Länder von Sopra Steria.

Die EU hat ihrerseits mehr Benutzerfreundlichkeit im Umgang mit der elektronischen Unterschrift geschaffen. Die europäische Verordnung für elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste (eIDAS) ermöglicht die so genannte Fernsignatur. Damit lässt sich eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) auch ohne Signaturkarte und Kartenlesegerät per Smartphone oder Tablet auslösen. Für die Sicherheit sorgt ein Vertrauensdiensteanbieter.

Genauso wichtig und Teil des Onlinezugangsgesetzes ist die Einführung einer elektronischen Identität (eID). Personen können sich so eindeutig gegenüber Behörden und Unternehmen ausweisen. Bei der flächendeckenden Umsetzung gibt es für die öffentliche Verwaltung allerdings noch viel zu tun. Acht Prozent der befragten Entscheider berichten, die eID vollständig umgesetzt zu haben. 30 Prozent können in Teilen Vollzug melden, so der Branchenkompass Public Sector von Sopra Steria.

Hintergrundinformation zur elektronischen Signatur

Digitale Signaturen und Siegel werden verwendet, um den Urheber beziehungsweise die Authentizität sowie die Integrität von Dokumenten sicherzustellen. Die elektronische Signatur ersetzt die persönliche Unterschrift, das Siegel den Firmenstempel — beides Voraussetzung dafür, dass Bürger und Unternehmen die virtuelle Verwaltung rechtssicher nutzen können.

Die einfache Signatur, beispielsweise eine gescannte Unterschrift, eignet sich für Transaktionen mit geringem rechtlichen Risiko. Sie ist als Beweismittel in Rechtsstreitigkeiten zugelassen.

Bei der fortgeschrittenen elektronischen Unterschrift werden die elektronisch übermittelten Daten durch eine Verschlüsselung geschützt. Der Unterzeichner authentifiziert sich mit Nutzername und Passwort. Es gibt eine eindeutige Verbindung zwischen Unterschrift und Unterzeichner.

Die qualifizierte elektronische Unterschrift bedarf zusätzlich einer einmaligen individuellen Identifizierung des Signaturinhabers durch einen qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter – zum Beispiel per Video-Ident-Verfahren oder durch die Online-Ausweisfunktion des Personalausweises. Bei jeder Anwendung ist zudem eine so genannte Zwei-Faktor-Authentifizierung (mit Nutzername oder E-Mail-Adresse und Passwort sowie SMS-TAN) notwendig.

Über die Studie „Branchenkompass Public Sector 2020“

Von Februar bis März 2020 befragte das Marktforschungsinstitut Forschungswerk im Auftrag von F.A.Z.-Institut und Sopra Steria 100 Entscheider aus 100 deutschen Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen zum Status und zu den Herausforderungen der Digitalisierung im öffentlichen Sektor. Die Befragten sind für Digitalisierung oder E-Government in ihrer Behörde zuständig. Die Befragung wurde in Form von Computer Assisted Telephone Interviewing (CATI) durchgeführt.

Die befragten öffentlichen Verwaltungen setzten sich zu 30 Prozent aus Bundes- und Landesbehörden und zu 70 Prozent aus Behörden von Kommunen – 23 Prozent Landkreise und 47 Prozent Städte und andere Gemeinden ab 20.000 Einwohnern – zusammen. In vertiefenden Interviews wurde Ende März 2020 mit drei Verwaltungsentscheidern über ihre Erfahrungen und Standpunkte gesprochen.

 

Zur Studie

Zur Infografik

 

Search

Pressebilder

Neuinvestitionen vor allem in Signaturen

Bild herunterladen